Freitag, 31. Mai 2024

Alles ist eitel






Bei der morgendlichen Presseschau war mir heute ganz komisch zumute. Ich versuchte, das Gefühl zu fassen. Es gelang mir lange nicht. Doch dann fiel mir das geflügelte Wort "Alles ist eitel" ein. Kurze Ursprungsforschungen ergaben, das es auf ein Sonett des barocken Dichters Andreas Gryphius aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1637) zurückgeht:

Es ist alles eitel

Du sihst/ wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was dieser heute baut/ reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn/ wird eine Wiesen seyn/
Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden.

Was itzund prächtig blüht/ sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen Asch vnd Bein/
Nichts ist/ das ewig sey/ kein Ertz/ kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück vns an/ bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit/ der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles diß/ was wir vor köstlich achten/

Als schlechte Nichtigkeit/ als Schatten/ Staub vnd Wind;
Als eine Wiesen-Blum/ die man nicht wider find’t.
Noch wil was ewig ist/ kein einig Mensch betrachten!

Sieh mal einer an, dachte ich, fast vierhundert Jahre alt und noch immer brandaktuell. 


Bilder: Josef F. Heydendahl, Szene aus dem dreißigjährigem Krieg (oben) und Midjourney: Ukrainekrieg im Winter (unten)





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