Sonntag, 25. August 2024

Fünfundzwanzig Jahre später

Kann man sich verlieren, noch bevor man sich gefunden hat? Die Wahrheit ist: Es gab nichts zu finden. Alles, was ich wissen musste, wusste ich bereits. Ich durchkreuzte gedankenverloren den Ozean meiner selbst und hielt mich von anderen Schiffen fern. Ich mied die Erwartungen und Wünsche anderer, die meinten, sich auf dem einzig richtigen Weg zu befinden, aus Mangel an Phantasie, Geltungsdrang oder Freude am Kampf. Ich kommunizierte mit Toten, nicht nur, weil sie nichts von mir erwarteten und mir nicht widersprechen konnten, sondern weil es mir Spaß machte, ihren Gedanken zu folgen, ohne je den Drang zu verspüren, sie an der Illusion eigener Gedanken zu messen. Natürlich, ein wenig spielte ich das Spiel der anderen mit, wer müsste das nicht, doch immer nur so viel, dass ich nie in die Verlegenheit kam, mich wirklich auf etwas festlegen zu müssen, wie ein Schiff, das ein anderes passiert und im Vorüberfahren Höflichkeitsformeln per Signalflagge austauscht. Ich war ein Gaukler, der sich mal in dieser, mal in jener Rolle gefiel, träge in meiner Anpassung, verhalten neugierig auf die Reaktionen derer, die tatsächlich daran glaubten, dass es möglich wäre, jemand zu sein. Doch irgendwann erlag ich der Versuchung, in einen Hafen einzulaufen. Glaubte, dass ich dort Sicherheit und Geborgenheit fände. Erst im Labyrinth der ankernden Seelenverkäufer habe ich mich dann verloren. Das passiert vielen, warum also nicht auch mir? Was geschehen ist, ist geschehen. Es gibt nichts zu bedauern, nichts zu bereuen, nichts aufzuarbeiten. Vielleicht habe ich sogar etwas daraus gelernt. Doch am Ende bleibt eine andere Frage: Wie finde ich aufs offene Meer zurück?

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